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Wirkungsvolle Strategie der Fruchtfolge oder: 
Was man in Baden Württemberg gegen den Maiswurzelbohrer unternimmt.

Ende August waren mein Mann und ich Baden Württemberg, genauer: im Raum meiner Heimat Südbaden (Lahr/Freiburg). Natürlich haben wir auch dort - wie immer - Zeitung gelesen (wir sind ja nicht neugierig, aber wir wollen alles wissen). Dabei ist uns ein interessanter Artikel im „Reblandkurier“ vom 29. August 2012 mit dem Titel aufgefallen, von dem ich hier erzählen will:

„Weniger Käfer als 2011 – Minister Bonde: 
Strategie der Fruchtfolge zeigt in der Rheinebene erste Wirkung“

Im Jahr 2008 war es in der Rheinebene zu einem großen Bienensterben mit 12.000 betroffenen Bienenvölkern gekommen, das durch das gegen den Maiswurzelbohrer wirksame Beizmittel Clothianidin ausgelöst worden ist (inzwischen für die Maiswurzelbohrer-Bekämpfung nicht mehr zugelassen). Dieses Beizmittel hatte sich auch auf die Blüten gesetzt und hierdurch die Bienen vergiftet.
Die EU hatte damals eine Quarantänezone mit strengen Fruchtfolgevorgaben zur wirksamen Eindämmung des wirtschaftlich bedeutendsten Maisschädlings erlassen, die heute noch gelten. Die Bekämpfungsstrategie basiert auf der Pflicht zum Fruchtwechsel, um dem Maiswurzelbohrer die Lebensgrundlage zu entziehen. Die Strategie gibt vor, dass maximal 2 x Mais in drei Jahren angebaut werden darf.

„Wir können und wollen uns nicht auf die Chemie verlassen. Damit sind wir schon einmal in Teufels Küche gekommen“, so stellt Minister Bonde in dem Artikel fest.

In diesem Jahr wurde innerhalb der betroffenen Gebiete nun erstmalig ein Rückgang des Maiswurzelbohrers festgestellt und rund 600 Käfer weniger gezählt als im Vorjahr (3.900 Käfer). Dies wird als Erfolg der konsequent durchgehaltenen und von den Landwirten in der Vergangenheit mustergültig umgesetzten Strategie gesehen.

Allerdings halten sich aktuell nicht mehr alle Landwirte an die Vorgaben und gefährden dadurch auch ihre vom Maiswurzelbohrer bisher verschont gebliebenen Nachbarn.

Eine wieder verstärkte Ausbreitung des Quarantäne-Schädlings hätte außerdem eine erneute Bedrohung der Saatmaisproduktion der Region Südbaden zur Folge. Daher wird das Ministerium gegen derartige Verstöße konsequent vorgehen, denn die einzige sichere und praktikable Möglichkeit zur Bekämpfung des Maiswurzelbohrers sei die Unterbrechung des Maisanbaus durch die Fruchtfolge. Findet die Larve im Folgejahr nach der Eiablage keine Wirtspflanze, stirbt sie ab.

Wer den Artikel selber lesen will, hier ist der Link zur pdf-Datei aus dem Archiv des „Reblankurier“ Ausgabe Breisach, bitte bis Seite 15 blättern!
http://www.wzo-verlags-gmbh.de/uploads/media/wzs_700_hp_29.08.pdf


Maiswurzelbohrer

Der Käfer als solcher verursacht nicht die Hauptschäden, diese werden durch die Larven des Maiswurzelbohrers verursacht. Sie fressen zunächst an den Wurzeln der jungen Maispflanzen und dringen im fortgeschrittenen Stadium in die kräftigen Wurzeln der Maispflanze ein. Die Aufnahme von Wasser und Nährstoffen wird erheblich gestört und in der Folge knicken die Maispflanzen um. Bei starkem Befall kann der Ernteverlust bis 80 Prozent betragen.

Das Informationsportal der Agrarentomolgie der Universität Göttingen, das auch die folgende Grafik des Lebenszyclus des Maiswurzelbohrers enthält, bietet umfassendes Wissen in komprimierter Form und zahlreiche Links zum Weiterlesen:

Bildquelle: Lebenszyklus des Westlichen Maiswurzelbohrers, Georg August Universität Göttingen, Abteilung Agrarentomologie/
Prof. Dr. Stefan Vidal Bild: http://www.agrarentomologie.uni-goettingen.de/index.php?id=2
Startseite Infoportal: http://www.agrarentomologie.uni-goettingen.de/index.php?id=9&L=0


Meiner Meinung nach wird das Thema in Südbaden in der Zukunft noch wichtiger, denn wir haben beim Autofahren in der Rheinebene rechts und links geschaut (wir sind ja nicht neugierig, aber ... ja genau!) und festgestellt, dass neben dem bisher in dieser Region traditionell üblichen Anbau von Saatmais wohl auch zunehmend Energiemais angebaut wird. Natürlich finden sich daneben die typischen Spargel-, Getreide-, Gemüse- und Tabakfelder und so manches andere, das in der warmen Region gut wächst (z.B. Artischocken oder Hirse (als Energiepflanze)).

Der prozentuale Anteil an Maisflächen 
(hier Saat- und Energiemais zusammengenommen, denn dem Maiswurzelbohrer ist das egal)
liegt in Baden-Württemberg aktuell (2012) bei etwa 
23,5 %.

Quelle: „Statistische Berichte Baden Württemberg/ Agrarwirtschaft“, Artikel-Nr. 3331 12001 vom 18.07.2012, Statistisches Landesamt Baden-Württemberg, Stuttgart.
Quellenlink: http://www.statistik-bw.de/Veroeffentl/Statistische_Berichte/3331_12001.pdf
© Statistisches Landesamt Baden-Württemberg, Stuttgart, 2010. Vervielfältigung und Verbreitung, auch auszugsweise, mit Quellenangabe gestattet.).

In Niedersachsen nehmen die Maisflächen in 2012 
das Ackerland zu etwa 1/3 in Beschlag und machen etwa 
1/4 der gesamten landwirtschaftlichen Flächen aus.

Quelle: http://www.lwk-niedersachsen.de/index.cfm/portal/betriebumwelt/nav/355/article/19589.html

 

Zum Vergleich:
Im Einzugsbereich unserer Biogasanlage sind es ca. 
10 %.

Im Artikel „Ernte: Rüben und Mais sind jetzt an der Reihe“ im Eichsfelder Tageblatt vom 21.09.2012, Seite 9, verweisen Kreislandwirt sowie Landvolkvorsitzender  Hubert Kellner und Landvolk-Geschäftsführer Achim Hübner auf :

„eine jüngste Erhebung der Landwirtschaftskammer Niedersachsen, 
wonach im Landkreis Göttingen 9,8 % der Ackerfläche für den Anbau 
von Silo- und Körnermais genutzt wird.“

Achim Hübner ist auch gegen eine Vermaisung, entsprechend den Regionen Vechta und Cloppenburg (Weser-Ems), wo auf bis zu 60-70 % der Ackerflächen Mais angebaut wird. Zitat: „ ... , das will ich nicht.“

Ja, auch der Maiswurzelbohrer hätte an so viel Mais seine helle Freude und würde sich mit Freuden vermehren, denke ich.

Sehr informativ – auch hinsichtlich der enormen Kosten bei Etablierung des Schädlings (bis zu 100 €/ha/Jahr) – ist das Infoblatt der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen (siehe unten bei Anlagen!), welches rät:

Einhaltung der Fruchtfolge ist eine der besten Maßnahmen 
zur Bekämpfung des Westlichen Maiswurzelbohrers

Quelle des Infoblattes: http://www.landwirtschaftskammer.de/landwirtschaft/pflanzenschutz/psd/pdf/maiswurzelbohrer-infoblatt.pdf

Es ist nur eine Frage der Zeit – irgendwann wird sein Ausbreitungsgebiet auch Niedersachsen erreichen. Über die Maßnahmen bei Befall informiert folgender Link:

Leitlinie für Maßnahmen bei Befall durch den Maiswurzelbohrer
http://pflanzengesundheit.jki.bund.de/dokumente/upload/3ba4a_ll-diabvi.pdf

Folgender Link bietet eine interaktive Karte zum Auftreten des Westlichen Maiswurzelbohrers in Deutschland sowie weiterführende Links zu entsprechenden Karten der Bundesländer Baden Württemberg, Bayern, Hessen und Rheinland-Pfalz an, die aktuell gehalten wird sowie eine zugehörige aktuelle Fundliste (Stand September 2012):

http://www.maiskomitee.de/web/public/Produktion.aspx/Pflanzengesundheit/Sch%C3%A4dlinge_Krankheiten/Westlicher_Maiswurzelbohrer

Ich finde die Strategie, den Maisanbeu ein- bis zweimal in drei Jahren auszusetzen bzw. nicht zwei Jahre hintereinander auf ein und derselben Fläche Mais anzubauen, auch als vorbeugende Maßnahme für eine nachhaltig erfolgreiche Maisproduktion der Region effektiv.

Dabei wird den Larven und dem Käfer auf natürliche Weise die Nahrung entzogen. Wegen mangelndem Wanderungsvermögen verhungern die Larven des Vorjahres nach dem Schlupf, da sie nicht die Wirtspflanzen vorfinden, welche sie zu ihrer Entwicklung benötigen. 
Einkeimblättrige Folgefrüchte, wie Getreide, können dem Käfer allerdings als Nahrung dienen. Deshalb sind zweikeimblättrige Fruchtfolgen vorzuziehen.

In Illinois (USA) hat man z.B. folgende Erfahrung gemacht: 
Von 1960 bis 1990 erwies sich in den USA der Fruchtfolgewechsel Mais-Soja als erfolgreich. Allerdings passte sich der Maiswurzelbohrer dort über die Jahrzehnte an die immer gleiche Fruchtfolge an: Die Weibchen legten ihre Eier auch in Sojafeldern ab und die Larven fanden  im Folgejahr Maispflanzen als Nahrungsquelle vor.

Natürlich gehört zum nachhaltigen Ernteerfolg grundsätzlich auch, dass man über den eigenen Tellerrand schaut und den langfristigen Gesamterfolg des Energiemaisanbaus in der Region, das gute Miteinander mit seinen Nachbarn und den ökologischen Sinn von vermeidbarem bzw. maßvollem Pestizideinsatz im Blick behält bzw. zusätzlich Maßnahmen unternimmt, die Regenerationskräfte des Bodens zu stärken.

Es grüßt Euch

Eure rasende Reporterin
awiso, 7.09.12