
Begonnen hat alles mit einer Vision!
Die Idee für dieses ungewöhnliche Vorhaben hatten Josef Sorhage, Bürgermeister (BGM) der ca. 1150 Einwohner zählenden Gemeinde Krebeck (mit den Gemeindeorten Krebeck und Renshausen) sowie Georg Freiberg, BGM der ca. 700 Einwohner zählenden Gemeinde Wollbrandshausen im Jahre 2005 zunächst unabhängig voneinander, nachdem der Landkreis Göttingen Ende 2005 im Anschluss an das Jühnder Erfolgsprojekt die Förderung von 5 (später 8) weiteren Bioenergiedörfern beschlossen hatte.
Ihnen gelang es, Menschen zu überzeugen, Mitstreiter zu gewinnen und die Einwohner der Gemeinden für ihre Vision zu begeistern.
Beide Gemeinden (Krebeck hierbei mit den Orten Krebeck und Renshausen) bewarben sich im März 2006 neben weiteren 31 Ortschaften um die Förderung des Landkreises Göttingen.
Es folgten Monate voll spannender Diskussionen und fleißiger Arbeit innerhalb der in den Dörfern gebildeten Arbeitsgruppen sowie bei einer ganzen Reihe von sehr lebendigen Bürgerversammlungen.
Eine Mitte März durchgeführte Haushaltsbefragung des Interdisziplinären Zentrums für Nachhaltige Entwicklung (IZNE) in Zusammenarbeit mit dem Landkreis Göttingen, den örtlichen Arbeitsgruppen und Bürgerversammlungen hinsichtlich Projektakzeptanz, Umstellungswilligkeit und Finanzierungsmöglichkeiten erbrachte die Machbarkeit des Bioenergieprojektes für die Dörfer Wollbrandshausen und Krebeck, nicht aber für Renshausen.
Dies erforderte seitens der Gemeinde Krebeck eine Neuorientierung und Modifizierung der bis dahin angestrebten Ziele und bereits erarbeiteten Konzepte.
Im November 2006 erhielten sowohl Krebeck als auch Wollbrandshausen die Förderungszusage des Landkreises Göttingen. Aufgrund der guten Voraussetzungen wurden nicht nur 5, sondern insgesamt sogar 8 Dörfer in das Förderoprogramm des Landkreises aufgenommen.
So konnten die Vorgesellschaften "Bioenergie Krebeck GbR" Mitte März 2007 und "Bioenergie Wollbrandshausen GbR" Anfang April 2007 gegründet werden.
Gründungsversammlung der "Bioenergiedorf Krebeck GbR" am 14. März 2007: Die Anteilseigner stimmen im Block für die drei vorgeschlagenen geschäftsführenden Gesellschafter, Eichsfelder Tageblatt vom 16. März 2007, Foto: Hobrecht
Im Laufe des folgenden halben Jahres der Erarbeitung der Machbarkeitsstudien zeigte sich, dass es bei der Zusammenarbeit beider Orte zu Synergieeffekten bzw. zu Einsparungen kommen müsste. Die Einbeziehung dieser Erkenntnis bei der weiteren Planung führte zu dem Entschluss, das Projekt Bioenergiedorf in Zukunft gemeinsam zum Erfolg zu bringen.
Damit beschritt man deutschlandweit einen gänzlich neuen Weg:
Ein gemeinsames Bürgerenergieprojekt, das von zwei gleichberechtigten Bioenergiedörfern in Angriff genommen wurde und das beide Orte mit Nahwärme versorgen sollte. Wollbrandshäuser und Krebecker arbeiteten dafür auf allen Ebenen sehr eng zusammen. Die Gründung einer gemeinsamen Genossenschaft war das als Nächstes anvisierte Etappenziel. Der enge Schulterschluss der Bevölkerung erwies sich nicht nur innerhalb des Bioenergieprojektes, sondern auch außerhalb als fruchtbar.
BGM Georg Freiberg (Wollbrandshausen) und BGM Josef Sorhage (Krebeck) stellen die Pläne für die Gemeinschaftsanlage der Presse vor (Eichsfelder Tageblatt vom 10.12.2007, Foto: Walliser
Im Dezember 2007 wurden die ersten Machbarkeitsstudien für die Orte Krebeck und Wollbrandshausen sowie eine weitere Machbarkeitsstudie als Gemeinschaftsprojekt vorgestellt, wobei sich das Gemeinschaftsprojekt, wie erwartet, als das aussichtsreichste erwies.
Anfang 2008 stieg der Ölpreis. Aufgrund explodierender Preise für Rohstoffe und Baukosten erschien das Bioenergie-Vorhaben zunächst nicht durchführbar und kam beinahe zum Stillstand.
Der beharrlichen Initiative eines Geschäftsführers der Bioenergie Krebeck GbR, Stefan Hörschelmann, ist es zu verdanken, dass die Stagnation des Gemeinschaftsprojektes erfolgreich überwunden wurde. Es wurden modifizierte Konzepte entwickelt und weitere Angebote bei Verwendung anderer Materialien eingeholt. Es gelang, die fachlichen Kompetenz von Karl Heine, jetziger Vorstandsvorsitzender der "Bioenergiegenossenschaft Wollbrandshausen-Krebeck e.G." für das Projekt zu gewinnen und Krebecker wie Wollbrandshäuser von den neuen Perspektiven zu überzeugen.
Ein Presseartikel im Eichsfelder Tageblatt titelte somit Ende Februar 2008 folgerichtig "Hoher Ölpreis fordert ökologisches Handeln" und "Bioenergie: Experten sehen gute Perspektiven für den Bau der Anlage in Krebeck/Wollbrandshausen"
Nachdem sich außerdem die Rohstoffpreise wieder etwas entspannt hatten, konnte ab Mitte März 2008 das Bioenergieprojekt unserer Dörfer Wollbrandshausen und Krebeck als Gemeinschaftsprojekt mit neuer Energie und Motivation weitergeführt werden. Und während Ende April der Treibstoffpreis in der Spitze 1,48 € pro Liter betrug, hatten wir Wollbrandshäuser und Krebecker bei der Kalkulation unseres Bioenergieprojektes wieder "festen Boden unter den Füßen".
Im Oktober 2008 war es dann soweit:
Die gemeinsame Genossenschaft "Bioenergie Wollbrandshausen-Krebeck e.G."
mit den Vorständen Karl Heine (Krebeck) und Thorsten Freiberg (Wollbrandshausen) wurde gegründet.
In den Aufsichtsrat wurden Josef Sorhage (BGM Krebeck, 1. Vorsitzender) und Georg Freiberg (BGM Wollbrandshausen, stellvertretender Vorsitzender) sowie Friedhelm Döring, Heinrich Köpps, Heinrich Rudolph und Wilhelm Rudolph aus Wollbrandshausen wie auch Manfred Bleckert, Andreas Bulik, Stephan Hörschelmann und Leo Jünemann aus Krebeck gewählt.
Gewählter Vorstand und Aufsichtsrat der Bioenergie Wollbrandshausen-Krebeck e.G., Eichsfelder Tageblatt vom 8.10.2008, Foto: Hobrecht
Stephan Hörschelmann unterzeichnet als einer der Ersten den Genossenschaftsvertrag
Im Dezember 2008 gaben die mittlerweile 148 Mitglieder der Bioenergiegenossenschaft in ihrer ersten außerordentlichen Generalversammlung ein einstimmiges Votum dafür ab, den Bau der Biogasanlage voranzutreiben.
In Anbetracht der wirtschaftlichen Situation schloss diese Versammlung mit einem Zitat von Tom Sommerlante:
"Die Krise der Etablierten wird zur Chance der Neuen!"
Mitte Juni 2009 wurde dann mit dem Bau der Fahrsilos auf dem Gelände der Biogasanlage und des Nahwärmenetzes in beiden Orten begonnen. Insgesamt wollen 260 Haushalte die Nahwärme nutzen, davon 205 Hausanschlüsse und 55 Anschlüsse bis zur Grundstücksgrenze.
Im Juli 2009 ist der Bau der Fahrsilos auf dem Gelände der Biogasanlage in vollem Gange.
Der erste Spatenstich für den Bau der eigentlichen Anlage wurde daraufhin am 31.07.2009 mit einem fröhlichen Zeltfest der Krebecker und Wollbrandshäuser Bürger sowie zahlreichen Gästen aus Politik und Wirtschaft auf dem Gelände der Biogasanlage gefeiert.
Begrüssung durch den Vorstandsvorsitzenden der Bioenergie Wollbrandshausen-Krebeck eG, Josef Sorhage, Bürgermeister der Gemeinde Krebeck (linke Bildhälfte am Tisch, von rechts: Landrat Reinhard Schermann, Landtagsabgeordneter Lothar Koch und Samtgemeindebürgermeister Reinhardt Grobecker)
Aufstellung zum Spatenstich mit Vertretern aus Vorstand, Aufsichtsrat, Architekturbüro, Politik und am Projekt arbeitenden Industrieunternehmen sowie Bürgern beider Bioenergiedörfer
Beim ersten Spatenstich für die neue Biogasanlage in Krebeck-Wollbrandshausen. Von links: Samtgemeindebürgermeister Reinhard Grobecker, Landtagsabgeordneter Lothar Koch, Bundestagsabgeordneter Thomas Oppermann (SPD), Karola Engelhardt, x, x, Landrat Reinhard Schermann, x und x. Im Hintergrund von links: x und die Bürgermeister Georg Freiberg (Wollbrandshausen) und Josef Sorhage (Krebeck)
Mitte September 2009 begannen knapp zwei Dutzend Landwirte aus der Region die fertiggestellten Fahrsilos mit Mais und Grünpflanzen zu befüllen.
Vorstand und Aufsichtsrat trieben die Bauarbeiten nun stetig weiter voran.
Ende Dezember 2009 wurde der erste Strom in das Netz des regionalen Stromanbieters eingespeist und damit die Voraussetzung für die Fördermaßnahmen erfüllt.
Vorstand und Aufsichtsrat tagen regelmäßig
Der ungewöhnlich lange und schneereiche Winter 2009/10 unterbrach die Außenarbeiten am Nahwärmenetz und auf dem Gelände der Biogasanlage. Erst nach dem Ende der Frostperiode konnten diese wieder mit voller Kraft fortgesetzt werden.
Schnee bedeckt das Baugelände der Biogasanlage.
Am 27. März 2010 wurde dann bei einem Tag der offenen Türe die Heizzentrale in Krebeck in Betrieb genommen. Zahlreiche Interessierte Bürger und Besucher ließen sich die Blockheizkraftwerke und den Pufferwärmespeicher zeigen und deren Funktion erklären.
Heizzentrale hinter dem Adolf L. Heine Bürgerhaus, südlich des Sportplatzes in Krebeck
Eine interessante Literatur zum Bioenergieprojekt Wollbrandshausen-Krebeck ist der Wettbewerbsbeitrag von Janina Bodmann auf Basis ihrer Abschlussarbeit im Fach "Bachelor of Science Geographie" an der Georg-August Universität Göttingen zum Thema "Das Bioenergiedorf-Projekt Wollbrandshausen-Krebeck (Landkreis Göttingen) als Beitrag zur Zukunftssicherung des ländlichen Raumes in Niedersachsen", der bei der Verleihung des ALR Hochschulpreises 2009 am 26.11.2009 mit einem 3. Preis ausgezeichnet wurde:
http://www.alr-niedersachsen.de/download/hochschulpreis_2009/ALR-HSP%202009_3.Preis_Bodmann.pdf
Und Heute?
Die Biogasanlage hat im Sommer 2010 ihren Betrieb aufgenommen. Im Juli 2010 wurde auch die Heizzentrale in Wollbrandshausen in Betrieb genommen. Die Arbeiten am Nahwärmenetz sind abgeschlossen und die Hausanschlüsse gelegt. Die Heizungsumstellungen schreiten weiter voran. Am 1. August 2010, dem Tag der offenen Türe besichtigten zahlreiche interessierte Besucher unsere Biogasanlage und die Satellitenheizzentralen (siehe unter "Aktuelles"), am 10. und 11. September 2010 fand in Krebeck die Bioenergiedörfer-Tagung statt (siehe unter "Aktuelles") und am 30. Oktober 2010 wurde unsere Biogasanlage feierlich eingeweiht.
So ist aus der Vision, für die zwei engagierte Bürgermeister innerhalb ihrer Gemeinden warben, nun nach 4 1/2 Jahren Realität geworden.
Internationale Besuchergruppe an der Heizzentrale in Wollbrandshausen.
awiso 18.05.2010
angepasst 24.11.2010/Anhänge 13.07.2011
Anlage From vision to reality - The biogas-plant of the BiWoK e.G. (engl.) zum Download (3476 KB, PDF)
Anlage Von der Vision zur Realität - Die Biogasanlage der BiWok e.G. (deutsch) zum Download (3455 KB, PDF)